Wir wissen es alle: Wenn wir heute an einem (regionalen) OL teilnehmen wollen, fahren wir an den längst bekannten Besammlungsort, melden uns an und zahlen an der Kasse das Startgeld, lesen die Weisungen, begeben uns an den Start und können dann den Lauf mit einer OL-Karte, auf der die Bahn bereits eingedruckt ist, absolvieren. Nach dem Lauf noch schnell in der OL-Beiz einen Kaffee trinken, sich ein Stück Kuchen (wenn möglich Schwarzwälder-Torte) einverleiben und schon geht’s wieder heimwärts.
Meine Erinnerungen an die ersten OL-Teilnahmen vor 60 oder auch 50 Jahren sind noch anders. Kürzlich habe ich in alten Sachen, die in einer Schachtel lagern und alle „Züglete“ mitgemacht haben, Unterlagen aus jener OL-Zeit gefunden. Daraus sehe ich, dass mein Gedächtnis noch einigermassen funktioniert.
Ja so war es damals:
Um an einem OL teilnehmen zu können, mussten wir zuerst einmal das Startgeld auf das Post-Konto des Organisators einzahlen (je nach Kategorie Fr. 2.- bis Fr. 5.-). Der genaue Besammlungsort wurde einem dann kurz vor dem Lauf schriftlich mitgeteilt (meistens mit beigelegter Startliste) oder man konnte ihn telefonisch erfragen (damals unter der Nummer 169). Spezielle OL-Karten gab es noch nicht. Anfangs wurden Kartenausschnitte der Siegfried-Karte, später dann solche der Eidg. Landestopographie – alle im Massstab 1:25‘000 und in Schwarz-Weissdruck – zur Verfügung gestellt.
Hier ein Beispiel. Man beachte die spezielle Darstellungsart (Koordinatenlinien, Nordpfeil…)
Am Besammlungsort wurde man „ausgerüstet“ mit einer Startnummer und einer Kontrollkarte, auf der die Posten zuerst noch mittels Gummistempeln, später dann – welch ein Fortschritt – per Lochzange quittiert werden mussten.
Am Vorstart bekam man den Kartenausschnitt und an der Püst („Postenübernahmestelle“) konnten die Posten auf die eigene Karte übertragen werden. Manchmal waren es alle Posten des ganzen Laufes, oft aber auch nur einige, denn bei gekreuzten Bahnen mussten weitere Posten unterwegs abgezeichnet werden.
Postenstandorte wie wir sie heute kennen (Loch, kleine Kuppe, Wurzelstock, Dickicht usw.) gab es nicht, denn solche „Kleinigkeiten“ waren (und sind auch heute noch) nicht auf den Karten 1:25‘000 zu finden.
Nach dem Lauf blieb man meistens noch längere Zeit am Besammlungsort. Man trank auch damals schon einen Kaffee oder ein Rivella und genoss ein Stück Kuchen (allerdings noch kaum Schwarzwälder) und wartete auf das Rangverlesen. Oft erhielten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sogar noch ein kleines Präsent. Dass die Rangverkündigung nicht gleich nach Eintreffen der letzten Läuferinnen und Läufer möglich war, ist logisch: Am Ziel wurden die Zeiten notiert und dann im Rechnungsbüro auf die inzwischen auf Vollständigkeit überprüften Stempelkarten übertragen (von SI-Card und Computer hatten wir damals noch keine Ahnung…). Erst jetzt konnten die Ranglisten erstmals von Hand erstellt werden. Das definitive Erstellen der Ranglisten mit der Schreibmaschine und der Druck (entweder im „Umdruckverfahren“ oder über Wachsmatrizen) erfolgte erst nach dem Rangverlesen und in den folgenden Tagen erhielten alle Läuferinnen und Läufer per Post diese Rangliste zugestellt. (Und alles war im eingangs erwähnten Startgeld enthalten und Sponsoren gabs auch kaum.) Und noch etwas: Zu den OL’s fuhr man entweder per Velo oder mit der Bahn…
Max