Wenn die Posten auf der Karte fehlen…
Mitte Juni haben Sascha und ich an einem Funkpeil-OL-Training teilgenommen. Dabei geht es wie beim OL darum, die versteckten Posten im Wald zu finden. Diese sind aber nicht auf der Karte eingezeichnet, sondern senden ein Funksignal aus, dass man mit dem Peilempfänger empfangen kann.
Wir trafen uns also mit einer kleinen verschworenen Gemeinde von Amateurfunkpeilenthusiasten bei der Eisbahn Dolder im Adlisberg. Nach der Begrüssung hielten wir schon bald den Funkpeiler in der Hand und machten uns mit der Handhabung vertraut.
Der Peilempfänger besteht aus der quadratischen Antennenschlaufe mit dem Handgriff in der Mitte. Dreht man sich mit dem Gerät nun um die eigene Achse, so hört man die Funkposten – die Füchse – mal mehr mal weniger laut über den Kopfhörer. Ist das Signal leise oder verschwindet ganz, so steht man genau in Richtung Fuchs. Insgesamt sind 5 Posten im Gebiet versteckt. Jeder sendet dabei nur für 1 Minute, dann ist der nächste aktiv bis nach 4 Minuten wieder der erste zu hören ist. Anhand des Morsecodes hört man, welcher Posten gerade am Senden ist. Beim Funk-OL geht es wie beim normalen OL nun darum, diese Posten möglichst schnell zu finden.
Jeder bekommt am Start eine OL-Karte, doch ausser dem Start ist nichts weiteres auf der Karte eingezeichnet! Nach dem Start versuchen wir uns unter Anleitung zuerst ein Bild zu machen: in welche Richtung stehen die Posten? Wie wollen wir die Posten anlaufen? Wir entscheiden uns zuerst den Posten südlich von uns anzulaufen. Innerhalb der Minute, in der der ausgewählte Posten sendet, rennen wir in seine Richtung, um möglichst in seine Nähe zu kommen. Als der Posten nach einer Minute wieder verstummt, peilen wir die anderen Posten nochmals an. Da wir uns schon ein gutes Stück bewegt haben und nun aus einer anderen Richtung peilen, können wir die Postenstandorte schon besser eingrenzen.
Vier Minuten vergehen schnell und plötzlich ist unser erster Posten wieder am Senden – jetzt heisst es schnell sein. Mit der Antenne in der Hand laufen wir durch das Dickicht, immer in die Richtung, in die uns der Funkpeiler lotst. Und schon bald finden wir den mit einem kleinen OL-Posten markierten Sender.
Der zweite Posten scheint einfach, die Peilung zeigt einer Strasse entlang. Als die Strasse links wegdreht, stürzen Sascha und ich uns wie vom OL bekannt die Böschung hinunter. Doch dann verstummt der Sender wieder. Hilflos stolpern wir im Graben herum in der Hoffnung, den Posten doch noch zu finden. Unser Coach Michael ist in der Zwischenzeit die Strasse weitergelaufen. Diese umgeht den Graben und nun steht er ganz entspannt 10 Meter über uns: Die Peilsender sind mit einer rudimentären Distanzanzeige ausgestattet. Je nach Stärke des Signals wird angezeigt, wie weit es noch zum Posten ist. Auch wenn die Angabe nicht sehr präzise ist – sie hängt von der Vegetation, Topografie und der Feuchtigkeit ab – so war der Graben doch keine 200m breit! Wir hätten also wissen können, dass der Posten auf der anderen Seite liegt. 5 Minuten später haben wir den Posten dann auch gefunden.
Langsam haben wir den Kniff raus und zügig geht es weiter zum nächsten Posten. Beim Amaterfunkpeilen (ARDF, Amateur Radio Direction Finding in Englisch) muss man taktisch vorgehen. Zum Beispiel macht es häufig Sinn, nicht direkt auf den Posten zuzulaufen, sondern rechts oder links an ihm vorbeizugehen, am besten auf einem schnellen Weg oder Pfad. Sobald das Peilsignal dreht, weiss man, dass man sich in der Nähe befindet. Steht es senkrecht zur Strasse kann man den Posten meist sicher anlaufen, auch wenn er schon wieder stumm ist.
Die nächsten drei Posten finden wir allein, auch wenn wir ab und zu eine 5-Minuten-Pause einlegen müssen. Nach eineinhalb Stunden haben wir es geschafft und stehen stolz beim Treffpunkt, unsere Funkpeil-OL-Premiere ist geglückt.
Auch bei dieser Sportart gibt es verschiedene Disziplinen: Bei einem Sprint senden die Posten z.B. nur für jeweils 12 Sekunden, sind dafür alle nahe beisammen. Oder anstelle der Posten, die im 80m-Band (Frequenz von etwa 3.5MHz) senden, werden auch Posten im 2m-Band (Frequenz um die 150MHz, also etwas höher als die 100MHz beim UKW-Radio) verwendet. Je höher die Frequenz, umso mehr muss man die Topografie miteinbeziehen: Die heutigen 80m-Sender haben wir überall auf der Karte empfangen, bei 2m-Sendern muss man praktisch ‘Sichtkontakt’ haben. Es dürfen keine Hügel dazwischen liegen, was die Suche gleich nochmal erschwert.
In der Schweiz ist Amateurfunkpeilen nicht weit verbreitet, in Deutschland gibt es eine grössere Gruppe, die grösste Verbreitung hat es aber in den Ländern östlich von uns. Jedenfalls ist es eine interessante Spielart vom Postensuchen, Sascha und ich hatten unseren Spass.
Michael
Peilung unseres letzten Postens oben in der Mitte der Karte: Alle Posten sind mindestens 750m vom Start weg (violetter gestrichelter Kreis). Vom Start konnten wir ihn in der oberen Hälfte der Karte verordnen (rote Fächer). Vom zweiten Posten unten in der Mitte ergab die Peilung in blau, dass er im westlichen Teil des Fächers sein muss. Noch etwas genauer konnten wir ihn vom dritten Posten eingrenzen (in grün schraffiert). Ganz am Schluss half aber nur auf das Signal zu warten und uns durchs Grün zu schlagen.